Abschied von der Galeria Kaufhof Gießen in Gießen

Am 16. Juni 2012 ist die letzte Schicht im Gießener Kaufhof, oder sollte ich besser „Horten“ sagen? image

Das Warenhaus vom alten Schlag hat sich nie von seinem „Horten“-Image lösen können, es war ja auch eines der letzten Häuser, das von der Zentrale „umgestellt“ wurde. Kein Wunder, dass viele Gießener Schlammbeiser nach wie vor „zum Horten“ gehen und folgerichtig, dass in den Ausverkaufsanzeigen „ehemals Horten“ drunter steht. Doch warum muss die Galeria Kaufhof schließen?image

In meinen Augen gibt es dafür viele Gründe:
– Zum einen stand das Haus schon lange unter Vorbehalt. Wohl aus diesem Grund wurde es lange Zeit baulich nicht angefasst, und spätestens nach der großen Renovierung des großen Konkurrenten vor Ort Karstadt war Kaufhof schon äußerlich nur noch zweite Wahl. Was gab es alles für Ideen: die Fassade sollte geöffnet werden, damit die Menschen nicht nur an drei Eingängen, sondern von allen Seiten in das Warenhaus eintreten können. Doch es war den vielen Geschäftsführern vor Ort wohl nicht möglich, hier Investitionen nach Gießen zu holen. So blieb die klassische Eiermann-Fassade, wie sie schon immer war und wurde nur ab und zu von Großbannern verschandeltönert.
– Erst unter seiner letzten Geschäftsführerin gab das Haus dann Gas, ihr und der Öffentlichkeit war aber auch von Anfang an bewusst, dass ein Damokles-Schwert über der Existenz des Gießener Kaufhofs hängt. Innen wurde also kostenbewusst renoviert, es wurden „Markenwelten“ gestaltet, so dass nicht mehr alle Jeans an einem Platz hingen, sondern alle Esprit-Klamotten; dies ging hin bis zu einem eigenen Hallhuber-Shop in Shop in der Damenabteilung.
– Gleichzeitig wurden aber auch die Kassen und damit das (ansprechbare) Personal sichtbar reduziert. Gab es in jedem Stockwerk lange Jahre noch drei Kassen mit Fachpersonal, wurden diese Anlaufstationen immer weniger: im zweiten und ersten Stock war es zuletzt nur noch eine, im Erdgeschoss zwei, mit dem Büromaterial musste man an die Parfümerie zum Bezahlen. Ich kenne Leute, die deswegen Beratungs-intensive Produkte nicht mehr dort gekauft haben.
– Die Restauration im zweiten Stock, das DINEA, eigentlich ein Frequenzbringer, litt lange Zeit mit dem Haus an seinem verstaubten Image und der Einrichtung, mehr dazu in meiner Bewertung dort.
– Ja, und nicht zu vernachlässigen sind die externen Effekte, für die der Kaufhof nichts kann. Der Gießener Magistrat hat beschlossen, die Fußgängerzone in seiner Innenstadt aufzumöbeln. Dazu gehörte das Aufreißen aller Oberflächen, das Baggern vieler Löcher und Absperrungen allüberall. Dies fiel genau in die Zeit, als sich das Haus nach den oben beschriebenen Maßnahmen bewähren sollte und trug sicher dazu bei, dass genau dies nicht gelang.
– Es war/ist kein Parkhaus in der unmittelbaren Nähe. Keine Ahung, ob das jemand stört, aber es ist sicher ein Nachteil gegenüber Karstadt mit seinem Riesenparkhaus, von dem man aus trockenen Fußes einkaufen kann.

Ich selber war immer ganz gerne im Kaufhof: man kommt von allen Seiten gut mit dem Fahrrad und zu Fuß ran, das Personal waren Leute, die man kannte und die zwar manchmal ein bisschen knurrig waren, aber im Grunde freundlich und hilfsbereit. Legende ist der italienische Koch im Dinea, das übrigens aufgrund seiner erfolgreichen Integrations-bemühungen 2005 mit dem Preis „Together in Hessen“ ausgezeichnet wurde. Ich mochte die Sonderfläche im zweiten Stock, wo man wirklich alles zum Thema Weihnachten oder Fasching finden konnte. Zu anderen Zeiten ist dort ein Kinderland zu finden, das dem Nachwuchs viel Spaß macht und Eltern ruhiger einkaufen lässt.
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Auch die Kinderklamotten-Abteilung ist klasse, ich habe hier viel gefunden. In der Herren-Abteilung sehe ich nicht so viele Unterschiede zu z.B. Karstadt, was (Eigen)Marken und Platz angeht. Meist habe ich gefunden, was ich suchte.
Was ich am liebsten mochte, war der Keller: Für Haushalts-Krimskrams in rauen Mengen bin ich immer zu haben. Wirklich nicht gelungen ist die CD-Abteilung, wo man m.E. schon immer merkte, dass eine wirklich begeisterte Hand dahinter steckte.
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Nun ist die grooße Frage: was kommt nach Kaufhof? Ich werde die Galeria vermissen, aber Gießens Innenstadt hat schon mehrfach gezeigt, dass sie Leerstände, auch größere, schnell verkraftet. Der Zentralitätsgrad (also wie viele Leute kaufen von außen bezogen auf die Bevölkerung), verbunden mit der ständig wachsenden Zahl an Studierenden wird hoffentlich auch dieser Immobilie bald eine neue Perspektive verschaffen, beim ehemaligen Kaufhaus Kerber (na, wer erinnert sich noch?) hat das jedenfalls geklappt.
Dieser Beitrag basiert auf meiner Bewertung zur Galeria Kaufhof Gießen auf Qype

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